Wenn schon vor Beginn des Gottesdienstes die Gemeinde mit festlicher Musik des Bläserensembles International Brass eingestimmt wird, dann ist klar, dass besondere Ereignisse bevorstehen. An diesem Tag jährte sich der Weihetag der Pfarrkirche St. Laurentius zum 130. Mal. Doch war dieses Ereignis nicht der auslösende Moment für den Besuch des Bischofs von Aachen, Dr. Helmut Dieser, sondern der 250. Geburtstag des Kirchenchores ‚Cäcilia‘ St. Laurentius. Der Festgottesdienst war bereits für das Jahr 2020 geplant, im eigentlichen Jubiläumsjahr. Die Zusage des Bischofs lag schon für das letzte Jahr vor, alles war vorbereitet, doch die Coronapandemie ließ diese Vorbereitungen zerplatzen. Gottesdienste, Konzerte, Veranstaltungen aller Art mussten abgesagt werden.
Am 14. November 2021 war es endlich so weit. Mittlerweile kann der älteste Chor des Bistums Aachen auf 251 Jahre zurückblicken. In der Gründungsurkunde, die im Pfarrarchiv aufbewahrt wird, sind die Namen der Gründungsmitglieder genannt, die fortan regelmäßig im sonntäglichen Gottesdienst den Choral vortrugen. ‚Der Anfang ist gemacht‘ – Odenkirchen den 15ten April 1770.
Mit Orgelmusik begleitet bot der durch den Haupteingang der Laurentiuskirche geführte große Einzug ein beeindruckendes Bild. Endlich, nach fast 2 jähriger Schließung, durfte der Haupteingang wieder benutzt werden, man hatte den Eindruck, dass ein frischer Wind durch die Kirche wehte, der auch aus lüftungsbedingten Gründen gerade in Zeiten von Corona mehr als gut tat!
Die Schola gregoriana sang den Introitus ‚Repleatur os meum laude tua, alleluja!‘ – ‚Erfüllt werde mein Mund mit deinem Lob, Halleluja, damit ich singen kann, Halleluja! Jubeln werde meine Lippen, wenn ich dir singe.‘
Pfarrer Michael Röring begrüßte alle Anwesenden, insbesondere Bischof Dieser. Die Teamsprecherin des Kirchenchores, Dr. Sunhilt Lichtenberg, hieß Herrn Pfarrer Röring und Bischof Dieser sowie alle Anwesenden im Namen des Chores willkommen und schaffte es, in wenigen Sätzen die Dimension des Jubiläums herauszustellen. Welche Zeiten hat diese Chorgemeinschaft erlebt und überlebt! Ein Vierteljahrtausend Zeitgeschichte! Der Chor steht als feste Gemeinschaft, die nicht zuletzt auch von ihrem unerschütterlichen Glauben und der Freude an der Musik getragen wird.
Im Rahmen des Festgottesdienstes erklang die Missa Fidem Cantemus von Christian Heiß, dem Leiter der Regensburger Domspatzen. ‚Fidem Cantemus – Lasst uns vom Glauben singen‘ – Chorleiterin Stephanie Borkenfeld-Müllers hatte diese Messe bewusst ausgesucht, drückt sie doch bereits im Titel das Anliegen der Chorgemeinschaft aus, die diese Jahrhunderte andauernde Tradition bezeugt. Unterstützt von Mitgliedern des coro michaelis, Jugendchor St. Laurentius und GastsängerInnen sangen alle gemeinsam, begleitet vom Ensemble International Brass.
An der RENSCH-Orgel, die im kommenden Jahr 25 Jahre ‚jung‘ wird, war Musikdirektor ACV Klaus Wallrath zu hören. Der an der Basilika St. Margaretha in Düsseldorf tätige Kantor meisterte die Begleitung der Chöre brilliant unter schwierigsten Verhältnissen, da Chor und Bläser weit entfernt von der Orgel agierten. Das Dirigat wurde per Kamera auf einen Monitor zum Spieltisch übertragen. Dank des präzisen Dirigates von Kantorin Stephanie Borkenfeld-Müllers funktionierte diese Kommunikation einwandfrei.
Bischof Helmut Dieser gratulierte dem Chor von Herzen für die lange Tradition, die mit Sicherheit fortgeführt werden wird. Er wünschte dem Chor alles Gute und Gottes Segen für die Zukunft. Erfreut zeigte er sich über die Einladung in die wunderschöne Pfarrkirche St. Laurentius, die er zum ersten Mal besucht.
Das große Chorjubiläum hat weit im Vorfeld seine Schatten vorausgeworfen. So begeisterte Chorleiterin Borkenfeld-Müllers ihre Sängerinnen und Sänger für die Idee einer Auftragskomposition zum 250. Geburtstag. Die Chorgemeinschaft wählte zwischen mehreren Texten aus und entschied sich mehrheitlich für die deutsche Übersetzung des brasilianischen Liedes ‚Ich sing dir mein Lied‘! St. Borkenfeld-Müllers nahm Kontakt zum Komponisten auf, der sich von der Textvorlage absolut inspiriert zeigte. „Wichtig fand ich“, so die Chordirektorin, „dass eine Musik entsteht, die die verschiedenen Chorgruppierungen bei uns vor Ort miteinander singen lässt und flexible Aufführungsmöglichkeiten zulässt. Das Jubiläum ist auch ein Zeichen für die Öffnung, die einzelnen Chöre und Generationen miteinander zu verbinden. Darüber hinaus sollte die Komposition kein Rückblich auf vergangene Stilepochen sein sondern die Kirchenmusik dieser Zeit wiederspiegeln.“ Der Komponist machte sich an die Arbeit und „dank des Lockdowns, ich hatte auf einmal mehr Zeit zum Komponieren“, so Klaus Wallrath, „ und dank des inspirierenden Textes, entstand recht zügig das nun vorliegende Werk für 4stg. Chor, 1-2 stg. Kinderchor, Bläser und/oder Orgel.“ Die insgesamt 5 Strophen des Liedtextes hat K. Wallrath mit zwei Textstrophen des großen ev. Theologen Paul Gerhardt ‚Ich singe dir mit Herz und Mund‘ aus dem Jahr 1653 erweitert, vertont und damit eine Symbiose zweier Textdichtungen herbeigeführt. Die Uraufführung des Werkes, das unter Pandemiebedingungen einstudiert werden musste, fand nach dem Dankgebet im festlichen Gottesdienst statt. Alle aktiven Chorsänger als auch das Bläserensemble musizierten unter Einhaltung der 2G+ Regel. Für die Kinder des Kinderchores, die aufgrund ihres Alters noch nicht geimpft werden konnten, öffnete die Stadt-Apotheke Jansen am Sonntagmorgen eigens ihre Türen und trug Sorge, dass die Kinder getestet werden konnten. Ein herzlicher Dank an die Inhaberin, Frau Annette Zimmermann, für die gute Zusammenarbeit.
Kantorin Stephanie Borkenfeld-Müllers kündigte im Gottesdienst die bevorstehende Uraufführung des Werkes an, das der Komponist dem Kirchenchor ‚Cäcilia‘ St. Laurentius Odenkirchen und seiner Chorleiterin Stephanie Borkenfeld-Müllers gewidmet hat. Sie wies auf den Stellenwert der Musik in der Kirche hin, der Kirchenmusik in St. Laurentius, auf das Miteinander, das sich in der Feier des Gottesdienstes zeigt, über die vielen Messdiener, den Einsatz des Gemeindeteams, die vielen Gemeindemitglieder. „Das zeigt lebendige Gemeinde in ihrer gesamten Vielfalt. Es geht nur miteinander.“ Sie sprach Bischof Dieser und Pfarrer Röring ihren persönlichen Dank für den würdigen Rahmen des Gottesdienstes aus. „Für unseren Chor ist das ein besonderer Moment, auf den wir lange hingearbeitet haben. Die Musik berührt unser Herz, es ist unser Stück geworden und wir freuen uns darauf, es für Sie und Euch alle nun singen zu dürfen.“
Ein hochkonzentrierter und motivierter Chor! Eine glanzvolle Leistung, trotz aller Widrigkeiten in der Pandemie. Ein von Herzen singender Kinderchor, der seine Passagen auswendig vortrug! Große Begeisterung bei allen Anwesenden, Applaus für alle, die an dieser Aufführung beteiligt waren und ein tosender Applaus für den Komponisten Klaus Wallrath.
Der Anfang ist gemacht! Odenkirchen, den 14. November 2021.
Ein Bericht der Kirchenzeitung des Bistums Aachen ist hier zu finden.
Nachfolgend der Text, der die Grundlage der Komposition bildet:
Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben.
Die Töne, den Klang hast du mir gegeben,
von Wachsen und Werden, von Himmel und Erde,
du Quelle des Lebens, dir sing ich mein Lied.
Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben.
Den Rhythmus, den Schwung hast du mir gegeben,
von deiner Geschichte, in die du uns mitnimmst,
du Hüter des Lebens, dir sing ich mein Lied.
Ich singe dir mit Herz und Mund, Herr, meines Herzens Lust;
Ich sing und mach auf Erden kund, was mir von dir bewusst.
Wer hat das schöne Himmelszelt hoch über uns gesetzt?
Wer ist es, der uns unser Feld mit Tau und Regen netzt?
Wer gibt uns Regen und Geblüt? Wer hält mit seiner Hand
den güldnen, werten, edlen Fried in unserm Vaterland?
Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben.
Die Tonart, den Takt hast du mir gegeben,
von Nähe, die heil macht – wir können dich finden,
du Wunder des Lebens. Dir sing ich mein Lied.
Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben.
Die Höhen, die Tiefen hast Du mir gegeben,
du hältst uns zusammen trotz Streit und Verletzung,
du Freundin des Lebens, dir sing ich mein Lied.
Ach Herr, mein Gott, das kommt von dir, du, du musst alles tun,
du hältst die Wach an unsrer Tür und lässt uns sicher ruhn.
Wohlauf, mein Herze, sing und spring und habe guten Mut!
Dein Gott, der Ursprung aller Ding, ist selbst und bleibt dein Gut.
Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben.
Die Töne, den Klang hast du mir gegeben,
von Zeichen der Hoffnung auf steinigen Wegen,
du Zukunft des Lebens, dir sing ich mein Lied.
Das Werk wird ab dem kommenden Jahr im BUTZ-Verlag Bonn/St. Augustin erscheinen.